EINZELARBEIT

In der Einzeltherapie sind Klient/in und Therapeut in einem nonverbalen Kontakt einander zugewandt

Atemarbeit wird einerseits in einer Gruppe auf einem Hocker sitzend wie auch am Boden liegend oder im Stehen durchgeführt. Andererseits auch als Atembehandlung in der Einzeltherapie. Dabei liegt der Klient / die Klientin bekleidet auf einer Liege. Der Behandler versucht mit seinen Händen durch gezielte Bewegungen, Druck oder Zug die Atemkräfte des / der Liegenden anzusprechen. Sowohl Behandler als auch Klient/in sind aktiv einander zugewandt und sind empfindungsbewusst und gesammelt am Atem beteiligt.

Klient/in und Therapeut führen ein “Atemgespräch”

Die Begegnung des Behandlers mit dem Klienten beginnt in der Regel mit einem verbalen Gespräch darüber, was den Klienten zur Atemarbeit führt. Wenn Motivation und Anlass geklärt sind, beginnt die direkte körperliche Arbeit, die immer tiefer den Klienten anspricht. So entsteht durch die spürsamen Bewegungen der Hände des Behandlers und die Antwort im Atem beim Klienten ein “Atemgespräch”. Über meine Hände bekomme ich, als Behandler, Kontakt zu dem vor mir liegenden Menschen. Ich streiche mit gezielten, ruhigen Bewegungen seinen Bauch, rege dort an und gehe eine therapeutische Verbindung zu dieser Person ein. Über meine Hände spüre ich, wie es um ihre Atemkräfte steht, wie der Atemrhythmus in ihr schwingt und erkenne ihre Fähigkeit, sich zu sammeln und den eigenen Körper unter meinen Händen zu empfinden. Ich erspüre den Tonus der Muskulatur und nehme im Verlauf der Behandlungen diesen Menschen immer intensiver wahr.

Die behandelte Person übt sich durch Empfindungsfähigkeit im Getragen-Sein

Sehr wichtig für eine erfolgreiche, d.h. den Atem lösende und umwandelnde Atembehandlung ist die Art und Weise, wie eine am Atem übende Person auEinzelarbeitf der Liege liegt: getragen oder sich fallen lassend. Im Getragen-Sein bleibt eine am Atem übende Person gesammelt und empfindsam, mit all ihren Geisteskräften im Ein- und Ausatmen, in der Fülle wie in der Leere anwesend. Der Atem als Bewegung (Atembewegung) schwingt im mittleren Rumpf in allen Körperzonen und breitet sich allmählich im ganzen Leib aus. Der Klient / die Klientin wirkt dadurch gelöst und entspannt und empfindet sich selbst als einheitlicher Mensch, der als Ganzes hier liegt – nicht nur sein physischer Körper. Sowohl Unterspannungen als auch Überspannungen im Muskeltonus lösen sich auf, so dass – in gelöster Weise gespannt – der Eutonus entsteht und Wandlung im Atem möglich wird.

Im Fallen-lassen fehlt die Empfindungsfähigkeit und der Atem bleibt unbewusst

Im Fallen-Lassen fehlt dem Menschen die geistige Anwesenheit: schwer wie ein Mehlsack liegt der Körper auf der Liege. Die Atembewegung zieht sich unter das Brustbein zurück, der übrige Körper ist kaum empfindungsfähig. Unfähig zur geistigen Sammlung verbleibt die Atembewegung in ihrem gewohnten Verlauf.

Die Atembehandlung bindet den Menschen wieder an seine Vitalität und Lebenskraft an

Durch die Atembehandlung versuche ich den Klienten / die Klientin wieder an seine / ihre eigene Vitalität und Lebenskraft anzubinden. Die Ich-Kraft wird langsam gestärkt. Nach und nach kann diese Kraft schließlich mit dem “Wesenlichen” (Dürkheim) vereinigt werden, das im Menschen verborgen vorhanden ist. Den Menschen so wieder in seiner Mitte zu zentrieren ist das Ziel der Arbeit: ihn wieder heil- und ganzwerden zu lassen.

Die Arbeit mit dem Erfahrbaren Atem gehört zu den salutogenetischen Methoden

Die Arbeit am Atem setzt dort an, wo ein Mensch innerlich steht. Der Erfahrbare Atem arbeitet vor allem mit dem Kraftvollen und Positivem, das ein Mensch in sich trägt: leiblich wie seelisch-geistig. Diese Art der methodischen Vorgehensweise nennt man Salutogenese. Diese Ausrichtung, am gesunden und starken Potential eines Menschen zu arbeiten, kräftigt ihn weiterhin. Der Mensch kann sich darauf innerlich niederlassen und zu seiner / ihrer Zeit die schwachen und unfertigen Anteile in sich nachholen. Durch die Arbeit wird das Selbstvertrauen gestärkt, das eine sichere Grundlage für Wandlungsprozesse bietet.

Im Verlauf einer Atemtherapie kommt ein Mensch in tiefere Verbindung mit sich selbst

EinzelarbeitIim Verlauf einer Atemtherapie entwickeln sich wachsend die Atemkräfte wie auch die geistig-seelischen Qualitäten eines Menschen. Es entstehen zunehmend Fähigkeiten, sich sein Ungenügen, seine Schwach- und Schattenseiten aus verschiedenen Blickwinkeln anzusehen. Im bewussten, spürsamen Kontakt mit seinem Atem kommt ein Mensch in tiefere Verbindung mit sich selbst: sowohl mit den hellen, starken als auch mit den schwachen, dunklen Anteilen. Hierbei hilft der unwillkürlich gelassene und bewusst erlebte und erfahrene Atem in beachtlicher Weise.

Es werden seelische Kräfte geweckt und gestärkt, so dass der Mensch sich seinen Schattenanteilen stellen kann

Als abschließendes Resümee lässt sich sagen: Durch die Arbeit am Erfahrbaren Atem werden innere seelische Kräfte geweckt und entwickelt. Es bestehen für einen Übenden in dieser Hinsicht gute Möglichkeiten, unangenehmen und schwierigen Seiten des eigenen Ichs in die Augen zu schauen. Ein solcher Mensch wird von den Schatten seines Daseins nicht überrollt und überwältigt, sondern gewinnt zunehmend an Kraft, Vitalität und lebendiger Ausstrahlung. Mit den Worten von Ilse Middendorf, der Begründerin dieser Arbeit am Atem, will ich das Gesagte zusammenfassen: “Gelassen atmend sind wir durchlässig im Leibe, schwingungsfähig in der Seele und einsichtig im Geiste und finden zur übergeordneten Kraft des Metaphysischen, die uns den Weg zum Urvertrauen und zu tiefer Freude frei macht”.